Wie Personalberater vermeiden, in die Falle des „Schöndenkens“ zu geraten – Ein Plädoyer für mehr Ehrlichkeit und Realismus.
Die Technik des „Negative Closings“ zielführend einsetzen.
Wir sehen uns als Profis, Personaler, Top-Consultants, (Hobby-) Psychologen und noch so Vieles mehr.
Und dennoch komme ich nicht umhin mich zu fragen, woher eigentlich diese ganz besondere Neigung vieler Berater kommt, im Umgang mit Kandidaten und Kunden, oftmals eindeutige Signale großzügig zu übersehen oder so umzudichten, dass sie in unser Wunschbild passen.
Wieso – Weshalb – Warum, frage ich mich?
Die Falle des Übersehens und Umdichtens nennt sich „Schöndenken“.
Als menschliche Wesen, sind wir biologisch so angelegt worden, dass wir kurzfristig immer Entspannung und eine positive Wirkung suchen und dafür langfristig negative Konsequenzen in Kauf nehmen. Wir sind Meister im Verdrängen „negativer“ Signale – bekannt aus den Themenbereichen: Klimawandel, Gesundheit, Corona und manchmal, aber nur manchmal unserem Kontostand :-).
Auf unseren Beruf wirkt sich diese Neigung dann folgendermaßen aus:
• Wir wollen alle glücklich machen
• Wir wollen das Projekt abschließen
• Wir wollen den Deal
• Wir wollen Erfolg haben
• Wir denken, unser Angebot ist unschlagbar
• Wir hören, was wir hören wollen
Selbsternannte Erfolgs-Gurus und Coaches rufen uns in den Sozialen Medien zusätzlich zum Dauer-positiven Denken auf: Du kannst alles schaffen, wenn du nur fest genug daran glaubst, schließlich sind wir alle nur lebende Manifestationen unserer Gedanken.
Das hier ist kein Aufruf zur Schwarzmalerei. Sondern ein Plädoyer für mehr Ehrlichkeit. Ehrlichkeit zu sich selbst in erster Linie.
Ehrlichkeit betrachte ich als Gegenpol zur Fake-Positivity Bewegung: Wenn unser Gefühl uns nämlich sagt „da stimmt was nicht“, dann ist es unsere Pflicht, NICHT in die Falle des „Schöndenkens“ zu treten.
Wir sind nicht umsonst mit der Fähigkeit der Emotionalen Intelligenz ausgestattet.
Als Top-Personalberater hast Du mehrere Möglichkeiten der Falle des „Schöndenkens“ zu entkommen – beherzigst Du diese Tipps, wird sich Dein Honorarumsatz signifikant steigern und Du bekommst deutlich mehr Flughöhe, Respekt und neue Chancen mit Deinen Kandidaten und Mandanten.
Doch zunächst – hör auf die Signale…
Welche Signale? Die Offensichtlichen und die Verborgenen:
• Kurzfristige Terminverschiebungen oder kurzfristige Absagen von Terminen mit diffusen oder keinen nachvollziehbaren Gründen
• Tagelanges Abtauchen – kein Bild, kein Ton. Neudeutsch: „Ghosting“
• Überraschende Wendungen – plötzliche, neue, wichtige Projekte, eine Schwangerschaft aus dem Blauen, eine spontane Pflegeverpflichtung, die überfällige Beförderung etc.
• Negatives Überbetonen einer Dimension, welche von Anfang an kommuniziert und klar war. Beispiele hierfür:
• Entfernung
• Hierachie-Struktur
• Job-Titel
• Gehalt
• Ziele
• Firmenwagen etc.
Änderung des Kommunikationsverhaltens wie zum Beispiel: Von super nett und aufgeschlossen, zu knapp und sachlich. Der Entzug oder die Reduktion der emotionalen Bindung erleichtert den Exit.
Jetzt die spannende Frage – wie bekomme ich Klarheit?
Trau Dich entschlossen, die Wahrheit zu suchen. Spreche offen über Deine Bedenken. Stelle unbequeme Fragen.
Baue Brücken zum „Nein“.
Such die ultimative Entscheidung. Tritt Türen ein, anstatt höflich zu klopfen.
Eine großartige und definitiv funktionierende Technik, ist das sogenannte „Negative Closing“.
Es gibt viele Verkaufsgurus, die sich für enthusiastische Angebote einsetzen und potenzielle Kunden dazu bringen, Ihre Botschaft positiv zu verstärken. Diesem Gedanken stimme ich voll und ganz zu, aber wenn man ihn richtig einsetzt, kann der negative Abschluss genauso effektiv sein.
Nur um das klarzustellen: Ich verwende den Begriff „Negativer Abschluss“ für eine Verkaufstechnik, bei der ein Berater den potenziellen Kandidaten im Grunde herausfordert, ein Angebot abzulehnen.
Beispiele hierfür sind Fragen wie „Ihren Wohnort werden Sie niemals verlassen, richtig?“ oder „Es ist unwahrscheinlich, dass Sie dafür die Zustimmung Ihres Partners erhalten, richtig?“
Ziel ist es, den potenziellen Kandidaten dazu zu bringen, Dir zu widersprechen. Aber selbst, wenn dies nicht der Fall ist, hat dieser Ansatz einen großen Vorteil.
Klarheit!
Ein Teil der Herausforderung als Personalberatung besteht darin, Deine Kandidaten dazu zu bringen, ehrlich sein zu können, was ihre Vorbehalte gegenüber dem neuen Job oder ihren Zeitplan oder sonstigen Rahmenbedingungen für einen Wechsel angeht. Es ist ja nicht so, dass sie immer versuchen, etwas vor Dir zu verbergen.
Oft wissen sie selbst nicht einmal die Antwort.
Wenn Du einem potenziellen Kandidaten die Möglichkeit gibst, einfach „Nein“ zu sagen, kannst Du ein Projekt schneller abschließen und Dich anderen, lukrativeren Möglichkeiten zuwenden. Du findest heraus, was Dein/e potenzieller Kandidat/in wirklich sucht und ob er/sie über das nötige „Paket“ verfügt, um seine/ihre Wünsche zu erfüllen. Das spart Zeit und Geld für alle Beteiligten.
Seien wir ehrlich: Umgekehrte Psychologie funktioniert überall im Verkauf. Wir können den Leuten sagen, dass sie das, was wir haben, nicht wollen oder brauchen, und dann reden sie sich ein, dass sie es doch brauchen!
Die Menschen sind besser darin, sich selbst etwas zu verkaufen, als es ein Verkäufer es je sein könnte!
Was man nicht tun sollte?
Hier sind einige Hinweise, die Du beherzigen solltest, wenn Du versuchst, den negativen Abschluss als Mittel des Verkaufs einzusetzen. Ich habe festgestellt, dass es drei Dinge gibt, auf die Du besonders achten solltest.
1. Dein Ton muss stimmen. Du kannst nicht sarkastisch und barsch Dinge sagen wie: „Sie sind zu ängstlich, um über Ihren Schatten zu springen“, und hoffen, dass der Kandidat sagt: „Nein, ich bin wirklich mutig und sehe meine einmalige Chance“. Niemand mag Herablassung und Fremdeinschätzungen, wenn nicht danach gefragt wurde.
2. Kling nicht wie ein Verkäufer und verzichte auf Aussagen wie: „Sie sind doch nur darauf aus, Ihren Marktwert zu steigern, oder?“ In Wahrheit sind solche Aussagen einfach nur lächerlich und werden Deine potenziellen Kandidaten nur verärgern.
3. Übertreib es nicht! Alle guten Dinge sind am besten in Maßen anzuwenden.
DER ABSCHLUSS:
Du kannst negative Antworten absolut zu Deinen Gunsten nutzen. Jede Antwort, die Du bekommst, bedeutet, dass Du Deine potenziellen Kandidaten zumindest zum Nachdenken bringst. Du kannst mit einem „Nein“ genauso gut arbeiten, wie mit einem „Ja“. Ein „Nein“ könnte Dir sogar dabei helfen, das nächste große Projekt an Land zu ziehen.
Es müssen manchmal ehrliche, negative Fragen gestellt werden, um Prozesse zu beschleunigen oder eben um Kandidaten dazu zu bringen, ehrlich zu sich selbst zu sein. So können sie sich eigenverantwortlich mit ihren “Neins” auseinandersetzen.
Die besten Entscheidungen sind schlussendlich immer die ehrlichsten.
Probier’s aus und schreib mir gern ein Feedback mit Deinen Beispielen und Ergebnissen.
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