Früher mussten die Menschen zumeist deutlich härter und länger arbeiten als heute. Doch wahrscheinlich wurde noch nie so viel über den Sinn von Arbeit gestritten. Vereinfacht gesagt gibt es zwei Denkschulen: Die einen plädieren für eine strikte Trennung von Arbeit und Freizeit, die anderen halten dies für eine künstliche Trennung oder plädieren sogar für „Workation“, also die Verbindung von Arbeit und Urlaub.
„Die Diskussionen über die Work-Life-Balance und andere Phänomene halte ich manchmal für etwas effekthaschend“, sagt der Personalberater Michael Zondler, Geschäftsführer von CENTOMO https://www.centomo.de in Stuttgart. „Pauschal lässt sich die Frage nach dem Sinn der Trennung von Arbeit und Freizeit nämlich nicht beantworten. Manche fahren mit dem einen Modell besser, andere mit dem Alternativmodell. Klar ist auf jeden Fall, dass ab einer bestimmten Führungsebene und Gehaltsstufe die Übergänge fließender werden.“
Als Geschäftsführer eines Beratungsunternehmens könne er nicht drei Tage in der Woche im Homeoffice verbringen. Und der Arbeitstag sei auch nicht immer Schlag 17 Uhr zu Ende.
„Wenn ich mit Kandidaten spreche, merke ich sofort, für welche Unternehmenskultur sie sich eignen. Wer sehr introvertiert ist, keine Lust darauf hat, regelmäßig an Abendveranstaltungen teilzunehmen oder schon beim ersten Gespräch nach Arbeitszeiten und Urlaubstagen fragt, scheidet für eine Top-Management-Position aus. In den Führungsebenen oder in der Beratung sind Networking, Flexibilität, Arbeit auch mal an Wochenenden und lange Tage – oft auch durch Reisen – an der Tagesordnung.“
Ein gutes Arbeitsklima bemisst sich nicht an der Anzahl der Kickertische
Dies wolle er nicht bewerten. Menschen seien nun einmal unterschiedlich und müssten auch gemäß ihren unterschiedlichen Stärken, Vorlieben und Fähigkeiten eingesetzt werden. Der CENTOMO-Chef hält daher auch nichts davon, Arbeit zu romantisieren oder zu überhöhen. „Der Arbeitsplatz ist mir heute bisweilen zu viel Spaßgesellschaft. Vorgesetzte und Mitarbeiter sind in erster Linie dafür da, zunächst ihren Job zu erledigen. Zu viel Intimität, Spaß und Firlefanz am Arbeitsplatz schaden da nur.“
Das Magazin „Stern“ trat daher jüngst bewusst auf die Spaßbremse https://www.stern.de/wirtschaft/job/job–warum-zu-viel-spass-am-arbeitsplatz-gefaehrlich-werden-kann-8004626.html. Zwischen Kickertisch, Saftbar und Riesenrutsche würden die Mitarbeiter schnell vergessen, wozu sie eigentlich da sind. Die derzeitige Entgrenzung von Arbeit und Freizeit führe dazu, dass viele immer mehr Zeit im Büro und mit den Kollegen verbrächten.
Zeit verbringen versus Arbeit erledigen?
In manchen Firmen gibt es da, vorsichtig formuliert, deutliche Unschärfen, meint Zondler: „Natürlich mache ich mit meinen Mitarbeitern auch mal etwas außerhalb des Büros. Ich lege auch viel Wert auf ein gutes Klima im Büro. Nicht ohne Grund wurde CENTOMO auch 2019 wieder zu Deutschlands Top-Arbeitgebern des Mittelstands gekürt. Doch ein fairer und wertschätzender Umgang bemisst sich nicht an der Anzahl der Kickertische.“ Die meisten Mitarbeiter würden es schätzen, gerne zur Arbeit zu gehen, vernünftig bezahlt zu werden und vor Allem das zu tun, was sie gut können. Mit gegenseitigem Respekt und Fairness. Am Ende käme es immer noch auf die Produktivität an. Der Spaßfaktor sei keine harte Währung in der Wirtschaftswelt.
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