Deutschlands Autoindustrie verschläft die Zukunft. Diese These vertritt der frühere Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. Und diese Zukunft sei elektrisch.
Kritik an Neumanns Thesen kommt von Michael Zondler, dessen Beratungsunternehmen CENTOMO sich auf die Mobilität der Zukunft spezialisiert hat. Selbstverständlich sei das Geschäft bei der Produktion von Elektroautos etwas anders. Am Ende würden aber immer noch Autos gebaut – wenn auch mit anderem Antrieb.
Keep cool
„Cool bleiben“ lautet die Devise von Zondler. Die traditionellen Autobauer seien kurzfristig hinter Tesla, weil Tesla schneller gewesen sei. Jetzt aber kommt erst die Modell-Offensive der traditionellen Autobauer. Aussagen über die „deutsche Autoindustrie“ in Gänze könnten sowieso nicht getroffen werden.
„E-Mobilität ist noch eine klitzekleine Nische. Sie wächst natürlich und wird gepuscht – und das ist auch gut so. Allerdings war und ist der Automobilbau von ständiger Innovation geprägt. Warum sollten also nun bedenkenlos alle vorhandenen Strukturen über Bord geworfen werden? Die Unternehmen sind ja bereits in ständigem Wandel“, so Zondler. „Wir haben gute Antriebe. Den Elektro-Antrieb als alleiniges Allheilmittel zu sehen, wäre so, als wenn man beim Energiemix ausschließlich auf Atomstrom setzen würde. Das ist eine Option von vielen, momentan sicher die prominenteste. Doch wir müssen auch bei den anderen Antriebsformen weiter am Ball bleiben.“
Tolle Chance für Autoindustrie
Der CENTOMO-Chef sieht in der Kombination aus Tradition und Innovation eine tolle Chance: „Hier können Unternehmen in den unterschiedlichsten Themenfeldern und Technologien weiter diversifizieren und ein Mobility Eco-System schaffen! Das wird viele Unternehmen stabiler machen.“
Sicher würden auch manche abgehängt und verschwinden oder würden gekauft und integriert. „Das ist uns ja nicht unbekannt aus den letzten 150 Jahren Industrialisierung und Digitalisierung“, zeigt sich Zondler zuversichtlich. Und ganz wichtig: Die Produkte und Dienstleistungen müssten von ganz „normalen“ Menschen akzeptiert und gekauft oder geleast werden. Nicht alle seien Nerds.
Neumann hatte bei einem Kongress gesagt, dass es sehr schwer sei, „den ganzen Tag sehr effizient zu sein und sein altes Geschäft mit vollem Ehrgeiz weiter zu betreiben und sich abends um fünf Uhr zum Start-up-Unternehmer zu machen.“ Daher müssten die Konzerne neue Unternehmen und Marken in strikter Abgrenzung zum „alten“ Geschäft gründen. „Es gibt kein ‚altes‘ Geschäft, sondern ein bestehendes profitables. Das herkömmliche Business – nämlich das Bauen von Autos – muss mit neuen Entwicklungen kombiniert werden“, widerspricht Zondler. Ein Beispiel sei der Kauf von 49 Prozent der Firmenanteile des Stuttgarter Digitalspezialisten Diconium durch Volkswagen. „Es gibt viele weitere Beispiele. Man muss nur genau hinschauen.“
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