Deutschlands Automanager stehen unter Feuer. In Politik und Publizistik überwiegen die Stimmen, die an Dieter Zetsche von Daimler, Harald Krüger von BMW und Matthias Müller von Volkswagen kein gutes Haar lassen. Während es von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nur dröhnendes Schweigen zu den gesundheitlichen Auswirkungen des „Diesel-Skandals“ gibt, hat Bundesjustizminister Heiko Maas den deutschen Automanagern nun geraten, auf Boni zu verzichten – als Zeichen der Demut, wie dpa berichtet.
„Ein solcher Appell an die finanzielle Bescheidenheit der Bosse wird in Wahlkampfzeiten sicher gut ankommen. Mit Demut allein kommt die Autoindustrie aber nicht aus ihrem teilweise selbst herbeigeführten Schlamassel heraus“, kommentiert Michael Zondler, dessen Beratungsunternehmen CENTOMO https://www.centomo.de stark mit der Automobilindustrie verbunden ist.
„Wir Menschen neigen dazu, immer ein paar Schurken oder Übeltäter dingfest machen zu wollen. Indem ein Problem personalisiert wird, wird es für die Menschen leichter fasslich. Das Verhalten einiger Konzerne der Autoindustrie in der letzten Zeit hat in der Tat ein eklatantes Führungs- und Personalproblem offenbart. Der so genannte Abgasskandal ist aber von einer solch großen Tragweite, dass er nicht das Werk von einigen wenigen Managern ist. Allerdings sind Manager auch immer Vorbilder. Und hier haben durchaus einige versagt, weil an Eliten – ob sie nun aus der Wirtschaft oder aus der Politik kommen – immer ein besonders hohes Maß angelegt wird. Dessen waren sich einige Auto-Bosse in ihrer Technikverliebtheit und auch im Wissen darum, welch wichtigen Beitrag ihre Industrie für den Wohlstand nicht nur dieses Landes leistet, nicht hinreichend bewusst“, so Zondler.
Zondler hat keine Zweifel daran, dass die deutsche Autoindustrie technisch gesehen gut für die Zukunft gerüstet ist. Doch an ihrem Verhalten und an ihrer Kommunikation müsse sich einiges ändern. Dies sieht auch NZZ-Kolumnist Gerhard Schwarz so https://www.nzz.ch/meinung/kolumnen/abgasskandal-totengraeber-der-marktwirtschaft-ld.1309253. Nur freiwilliges vorbildliches Verhalten in den Spitzenpositionen der Wirtschaft könne Vertrauen und Glaubwürdigkeit wieder zurückerobern. Er verweist auf den Volkswirtschaftsprofessor Hugo Sieber (1911-1990), nach dessen Worten der Wohlstand und die liberale Ordnung nicht so sehr von den Gegnern des marktwirtschaftlichen Systems – also den „Linken“ – gefährdet würden: „Bedrohlicher seien jene, die in hohem Maße von der Existenz freier Märkte profitierten, aber mit ihrem Verhalten die freie Marktwirtschaft in den Augen der Öffentlichkeit diskreditierten. Sieber nannte diese Unternehmensführer wortgewaltig ‚Totengräber‘ des Systems.“
„Wir können es uns aber nicht leisten, dass die deutschen Premiumhersteller irreparablen Schaden erleiden“, so Zondler. „In den Konzernen dürfen aber nicht mehr nur die Techniker und Ingenieure den Ton angeben, die manchmal einen Tunnelblick haben. Die Konzerne brauchen Top-Talente in Sachen Kommunikation und Überzeugungskraft. Nur so kann man den Ausweg aus dem Abgasskandal finden, und nur so lassen sich die Bürger, die ja auch Konsumenten sind, von der Mobilität der Zukunft, nämlich zum Beispiel dem autonomen Fahren, überzeugen.“
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